Keine Killerspiele = keine Amokläufe

Die meisten von euch haben inzwischen bestimmt mitbekommen, dass die letzten beiden Tage die Innenministerkonferenz in Bremen und Bremerhaven stattgefunden hat. Dort wurde dann ausgewürfelt, welchem Übeltäter diesmal die Verantwortung für alles Schlechte dieser Welt zugeschoben wird.

Das Los fiel diesmal nicht nur auf den allseits beliebten Terrorismus, sondern auf den Sonderjoker Killerspiele. Da Killerspiele voll böse sind und junge Menschen zu Amokläufern machen, sehen unsere geliebten Vaterlandsbeschützer nur eine Möglichkeit:

„Ein möglichst schnelles Herstellungs- und Verbreitungsverbot für Spiele, bei denen ein wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung die virtuelle Ausübung von wirklichkeitsnah dargestellten Tötungshandlungen oder anderen grausamen oder sonst unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen ist.“

Großartig.

Ich habe mich mal über das Durchschnittsalter von Amokläufern an Schulen schlau gemacht – es lag 2004 bei 15,6 Jahren (Robertz, unter anderem zitiert von Wikipedia und dem LKA NRW). Es wäre mir neu, wenn man mit knapp 16 Jahren schon „Killerspiele“ spielen dürfte. Schnaps darf man auch erst ab 18 trinken und niemand käme auf die Idee, Alkohol zu verbieten – noch nicht, auf dem Weg, mündigen Bürgern vorzuschreiben, wie sie leben sollen, werden wir mit Sicherheit auch an dieser Station noch halt machen.

Ich persönlich spiele keine Killerspiele. Bei Counterstrike virtuell Menschen zu erschießen gibt mir persönlich gar nichts. Ich bin auch dagegen, dass 13-jährige solche Spiele spielen – dafür haben wir ja die USK. Aber erwachsenen Menschen vorzuschreiben, welchen Hobbys sie nachgehen dürfen, ist die größte Frechheit, der mir jemals untergekommen ist. Andere Menschen schießen mit echten Waffen in Schützenvereinen und gehen auf die Jagd und erschießen nur zum Spaß Tiere, aber das Schießen auf Computerpixel soll gefährlich sein? „Killerspiele“, das klingt ja unglaublich böse, aber man schadet damit niemanden – und zum Thema Amokläufe verweise ich noch einmal auf diesen mutigen Leserbrief eines Beinahe-Amokläufers, den ich schon einmal verlinkt habe.

Aber mir ist schon klar, wir haben ja Wahljahr, da macht sich populistischer Mist einfach besser als die ernsthafte Suche nach Lösungen. Und die Gleichung „Keine Killerspiele = keine Amokläufe“ sieht schon sehr hübsch aus, da macht man es sich doch gerne leicht.

Und noch ein kleiner Nachtrag: Der Lawblog bringt es auf den Punkt!

17 Antworten to “Keine Killerspiele = keine Amokläufe”

  1. Peter Kerl Says:

    Ich sag’s ja, bei Dir gibts immer was zu entdecken. Der Lawblog-Beitrag ist herrlich. Ich dachte immer, Juristen wären dröge und humorlos. Aber Stefan Raab ist ja auch Jurist.

    Warum fällt eigentlich niemandem auf, dass der Kleingartenrentner, der jüngst zuschlug, völlig ohne Killerspiele und Schusswaffen auskam.
    Und das Mädel, das seine Schule in die Luft sprengen wollte, ebenfalls. Aber die, da bin ich mir ziemlich sicher, hat vermutlich Marilyn Manson gehört. Der gehört als nächstes verboten. Und Rammstein. Und die Ärzte. Die vor allem!

  2. news Says:

    Verboten gehören alle schlimmen Spiele, ganz besonders dieses Monopoly!

    denn nicht nur Deutschland soll sicherer werden – die Welt soll nie wieder in eine Wirtschaftskriese geraten!

    Wir müssen unsere Regierenden auffordern, ein möglichst schnelles Herstellungs- und Verbreitungsverbot für Spiele, bei denen ein wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung die Ausübung von wirklichkeitsnah dargestellten Immobilienkäufen oder anderen grausamen oder sonst unmenschlichen Tätigkeiten mit Geld oder ähnlichem ist, zu beschliessen.

    Da die Manager der Banken Geld-Spiele wie Monopoly konsumiert haben kann nur ein Verbot dieser Wirtschaftkiller-Spiele weitere Kriesen verhindern. Dazu müssen auch Börsenberichte in Zeitungen und TV verboten werden, im Internet sollte ein Stopschild user daran hindern Seiten mit solch bösem Inhalt zu betreten.

  3. Blinkfeuer Says:

    Bei “ dass 13-jährige solche Spiele spielen – dafür haben wir ja die USK“ USA zu lesen, öh, doch..kann ich!

  4. Thearcadier Says:

    Ist Stefan Raab nicht Metzger?

    Was den Artikel angeht: natürlich hast Du das alles richtig erkannt, andererseits ist das ja auch schon fast keine Leistung mehr (nicht falsch verstehen: ich will Deine Leistung hier nicht schmälern) Die Volksvertreter schießen sich ja einen Bock nach dem anderen.

    Aber irgendwie bin ich langsam müde, dagegen zu schreiben. Ignorant belibt ignorant.

  5. Muriel Says:

    @Thearcadier: Joa, bin ich dabei.
    Ich bin mir übrigens auch ziemlich sicher, dass Stefan Raab kein Jurist ist. Aber er ist ja auch nicht lustig…

  6. pzychobunny Says:

    Ich finde das ist ein sehr gelungener Beitrag. Ich hab zu dem selben Thema auch einen Blog geschrieben, in dem es darum geht, dass es Gewalt schon in der Bibel gab und da wohl keiner meinte „oh – Kain hat ein Killerspiel in seine Höhle gemalt, DAS ist der Grund“. Politiker neigen leider dazu immer den „naheliegendsten“ Grund als Ursache herauszufiltern, statt wirklich zu forschen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Eigentlich schade…

    Aber danke für den Blog, das Lesen hat sehr Spaß gemacht ;)

  7. nordstrahl Says:

    Killerspiele wurden auch für Söldner für die Konditionierung für Treffer und zur Herabsetzung der Hemmschwelle auf einen Menschen zu schießen, eingesetzt. Das wurde aus Kostengründen gemacht, damit die Soldaten im echten Krieg nicht zu viel Monition „verballern“.

    Ich denke schon, dass die Killerspiele dafür sorgen, dass die Hemmschwelle sinken kann und wenn einer angeknackst ist, kann das mit dazu beitragen, dass sich eine im Kopf zurechtgelegte Vision auch einfach mal umgesetzt wird.

    In meiner Nähe haben 2 Jungs eine Familie einfach so niedergestochen. Sie haben an der Tür geklingelt und die Frau öffnete. Sie kannte sie Jungs, es gab keinen Grund, ihnen die Tür nicht zu öffnen. Sie stachen gleich drauf los und der Mann kam zu Hilfe und den metzelten sie auch gleich nieder. Sie wollten einfach zusehen, wie Menschen im echten Leben sterben. Das war alles was sie im Sinn hatten.

    Damit sie diesen Plan auch umsetzen und nicht an ihrer eigenen Hemmschwelle scheitern, haben sie sich mit einem Killerspiel so richtig heiß gemacht.

    Ich denke, das die Politik auf solche Ereignisse wie Massenerschießungen von jungen Menschen reagieren muß.

    Mein Sohn ist zwar schon 20 aber an Killerspiele kam er schon mit 15 Jahren ran. Diese Spiele werden durchgereicht und landen trotz Verbote auch bei den Jugendlichen, da helfen auch keine Gesetze.

    Und solange der Verdacht, dass die Killerspiele einen Zusammenhang mit den Amokläufen bestehen bleibt, sollten sie aus dem verkehr gezogen werden – ich denke, dass ist man auch den vielen Menschen schuldigt, die ihr Leben wegen sinnloser Amokläufe lassen mußten.

    Die Jugendlichen stehen schon viel zu früh unter Leistungsdruck, dazu kommt das Mobbing an den Schulen, für einige ist das unerträglich und so nimmt das Unglück seinen Lauf.

    Der Leistungsgesellschaft kann man sich nicht entziehen, doch man kann sie mit einem Paukenschlag verlassen und was ein Menschenleben wert ist oder auch nicht, erfahren die Jugendlichen in der virtuellen Welt – einfach drauf halten.

    Sorry..jetzt hab ich mir Luft gemacht, denn bei allen Einträgen die ich über das Verbot der Killerspiele gelesen habe, gab es nur Empörung über die Maßnahme der Politik, doch niemand denkt jetzt an die Menschen, die bei Amokläufen gestorben sind.

    Gruß Nordstrahl

  8. Mathias Says:

    Nordstrahl:

    1. Woher hast du die Sache mit den Söldner? Es würde mich stark wundern, wenn man diese mit Videospielen auszubilden versucht. Immerhin ist das Zielen mit einer echten Waffe um einiges mühevoller als mit einer Maus in einer virtuellen Umgebung. Ich möchte jedenfalls nicht von einem Söldner beschützt werden, der seine Stunden anstatt auf dem Schießplatz vor Counter Strike und Konsorten verbracht hat.

    2. Wenn du sagst, dass du „schon denkst“, dass „die Killerspiele dafür sorgen, dass die Hemmschwelle sinken kann“ und dergleichen, dann begehst du denselben Fehler wie die deutschen Politiker: Deine (und das soll jetzt keinefalls beleidigend wirken) Hausverstands-Logik stellst du über die Tatsache, dass in dieser Hinsicht kaum empirische Fakten vorhanden sind, die es erstmal zu untersuchen gilt, bevor man populistischerweise auf die Verbots-Schiene fährt.

    Dasselbe gilt auch für den „Verdacht“, die Spiele hätten was mit den (lachhaft wenigen) Amokläufen in Deutschland zu tun. Es ist und bleibt halt nur ein Verdacht, genauso wie ich den Verdacht aufstellen könnte, dass die nachmittäglichen Talkshows zur Verdummung der Jugend beitragen und damit unwillkürlich zu gewalttätigen Wutausbrüchen führen. Gewagte These, aber ohne nähere wissenschaftliche Untersuchungen genauso plausibel wie die Computerspielsache.

    3. Diesseitige Politik zu machen, um irgendwelchen Toten gerecht zu werden, ist – mit Verlaub – ziemlich daneben. Denn denen dürfte es naturgemäß ziemlich egal sein, ob bestimmte Computerspiele nun verboten sind oder ganz Deutschland sie spielt.

    Auch glaube ich nicht, dass durch ein Gewaltspielverbot urplötzlich keine Amokläufe mehr stattfinden würden. Das würde mich schon stark wundern, denn die Ursachen für so eine Tat liegen nie und nimmer im regelmäßigen Spielen irgendeines Computerspiels. Möglicherweise (das gilt es eben noch zu untersuchen) tragen sie zu einem Gewaltausbruch bei, führen allerdings mit Sicherheit nicht direkt zu einem solchen. Und demzufolge müsste man ziemlich viel verbieten, was eventuell Teil einer Amoklauf-Vorgeschichte sein könnte.

  9. kopfgedanken Says:

    Sie schrieben:
    „Aber mir ist schon klar, wir haben ja Wahljahr, da macht sich populistischer Mist einfach besser als die ernsthafte Suche nach Lösungen.“
    (sorry, weiß nicht, wie man hier fachgerecht zitiert)

    Das schlimme daran ist, dass sich dieser Mist besser macht. Besser nämlich im Kopf vieler geneigter Wähler. Wenn man denn noch von Vielen sprechen mag angesichts gravierend sinkender Wahlbeteiligung.
    Politik ist wie ein Fähnchen im Wind, dass sich immer in die Richtung reckt, welche am meisten Auftrieb verspricht. Und genau das ist für mich der schokierende Punkt – es gibt nunmehr viel zu wenig Menschen, die sich tatsächlich und gründlich Gedanken machen. Nicht wenige scheinen glücklich darüber, dass andere für sie Denken und scheinbar plausible Lösungen hervorbringen. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

  10. nordstrahl Says:

    Hallo Mathias,

    ich bin nicht so wordgewand wie du und folge auch keiner straffen Logik, dass macht es meiner Argumentation immer schwer. Aus mir sprechen Emotionen und die lassen sich nicht so logiosch darstellen, wie eine wissenschaftliche Interpretation.

    Von der Ausbildung von Berufssoldaten die im richtigen Kriegen sind, hörte ich zwei mal. Das letzte mal aus dem Mund eines Politikers, der zu dem letzten Amoklauf ebenfalls diese Querverbindung zu Killerspielen und damit Senkung der Hemmschwelle herstellte.

    Natürlkch verwendet die Armee keine klassischen Killerspiele, sondern diese Programme haben sicher eine andere höhere Qualität und wie diese aufgebaut sind, weiß ich auch nicht, nur welchen Zweck sie dienen, darüber wurde gesprochen.

    Die Jugendlichen spiegel das Bild der Gesellschaft wieder und es ist unschwer zu erkennen, dass sie sich verroht zeigt. Die Übergriffe werden immer härter und brutaler im Einzelnenen. Damit will ich sagen, dass die Wurzeln des Übels nicht in den Killerspielen liegen, doch haben z.B. die beiden Jugendlichen hier in der Nähe von Rostock diese benutzt, um sich heiß für ihre Tat zu machen.

    Weil kein mittelbarer Zusammenhang mit den Killerspielen und Amokläufen besteht, wird mit dem Verbot die Gefahr auch eines erneuten Amoklaufs verbannen. Ein Amoklauf ist viel zu Komplex, als dass man es nur auf die Killerspiele schieben könnte. Ein extremer Gefühlsausbruch, tiefe Depressionen, erweitertes Suizid-Verlangen, eine komplizierte oder gar künstlich aufgeblähte Persönlichkeitsstruktur und noch viele andere Fakten spielen eine bedeutende Rolle für die Umsetzung eines Amoklaufs, aber auch der Waffenbesitz in den Haushalten von Deutschland, der kein unbedeutender Faktor ist.

    Empirisches Wissen stelle ich nicht so tief unter den Scheffel, wie du, denn das Wissen entwickelt sich aus Erfahrungen zurückliegender Entwicklungen, die erst im nachhinein die Ansätze für die Entwicklung erkennen ließen.

    Die logische Wissenschaft hat sich auch in der Vergangenheit schon geirrt und es gab zahlreiche Fehlinterpretationen. D.h. die logische Wissenschaft ist nicht unfehlbar.

    Das Problem ist, das beider Abteilungen – die Logig und das Empirische – nicht miteinander kommunizieren können.

    Gruß Nordstrahl

  11. Muriel Says:

    @Nordstrahl, Kopfgedanken: Dass man mit Videospielen zielen übt, habe ich auch schon aus Politikermund gehört. Und es gibt wirklich Simulatoren für Zielübungen, in denen schießt man dann mit elektronisch bestückten Waffenattrappen auf einen Videoschirm. Mit Doom und Counterstrike geht sowas freilich nicht.
    Ich meine, mal irgendwo (Es mag bei Stigma Videospiele gewesen sein.) gehört zu haben, dass z.B. Counterstrike wirklich von militärischen Organisationen genutzt wird, um Taktik und Kooperation innerhalb eines Teams zu üben, und das klingt für mich dann auch plausibel. Sind ja aber nicht unbedingt die Fertigkeiten, die einem bei einem Amoklauf weiterhelfen…

  12. Muriel Says:

    Hoppla, vertan. Kopfgedanken hatte gar nicht nach der Übungs-Sache gefragt. Das war Mathias. Hab mich in der Diskussion verlaufen, Entschuldigung.

  13. nothingelse89 Says:

    @ nordstrahl
    Dass Soldaten mit für sie entwickelten Computerspielen trainieren, ist meines Wissens nach wahr. Da wird aber nicht die Hemmschwelle gezielt herabgesetzt, sondern vielmehr (wie Muriel auch schon geschrieben hat) Taktik und Teamwork trainiert. Um bei einem Spiel wie Counterstrike tatsächlich die Hemmschwelle herabzusetzen, muss meines Erachtens nach schon vorher schon einiges im Argen liegen – für jede normalen Menschen ist es ein himmelweiter Unterschied, ob er nun auf Computerpixel oder auf echte Menschen schießt. Das mit der Hemmschwelle wird derzeit pausenlos von diversen Politikern heruntergebetet und dabei auch ständig auf irgendwelche ominösen Studien verwiesen, die aber nicht genau benannt werden.
    Das sich die Amokläufer vor ihrer Tat gezielt heiß gemacht haben, dass will ich jetzt einfach mal so stehen lassen, dazu weiß ich nichts. Ich kann es mir aber gut vorstellen. Aber es gibt auch (viel mehr) Leute, die sich vor einer Prügelei die Hucke vollsaufen, oder die sich vielleicht auch Anregungen aus Gewaltfilmen holen. Und diese Jugendlichen wären auch losgezogen, wenn sie nicht die Möglichkeit gehabt hätten, sich vorher mit Killerspielen aufzuheizen.

    Das mit den Emotionen ist angesichts der Opfer vollkommen verständlich – aber leider auch das große Problem. Die Leute hören von den Amokläufen und von den vielen Opfern und sind natürlich entsetzt und schockiert. Und ein Großteil der Medien berichten ausgiebig von den furchtbaren, gewalttätigen Spielen, die die Täter gespielt hätten, anstatt zuzugeben, dass die Killerspiele höchstens ein winziger Bestandteil der ganzen Problematik sind – und außerdem fast jeder junge Mann solche Spiele inzwischen zumindest hin und wieder spielt. Und schon entsteht der Eindruck, dass diese Spiele der Grund für die Amokläufe sind. Und die Politiker schlagen – gerade im Wahljahr – nur zu gerne in diese Kerbe und wollen ein Verbot durchsetzen, das weder das Problem noch die Verbreitung der Spiele auch nur ansatzweise löst. Natürlich werden diese Spiele „durchgereicht“ und vor allem aus dem Internet runtergeladen, kein „Killerspiel“-Fan wird sich durch ein Verbot vom Spielen abhalten lassen. Man kriminalisiert nur eine ganze Gruppe pauschal und hat dann wieder genug Aktionismus gezeigt – bis zum nächsten Amoklauf.

  14. Mathias Says:

    Okay, zuerst du den Army-Spielen: Ich bin mir ziemlich sicher, dass die dort so etwas wie Laserdrom zur Verfügung haben und damit trainieren (http://de.wikipedia.org/wiki/Laserdrom). So etwas ist allerdings mitnichten mit einem Computerspiel zu vergleichen, da die Anforderungen an den Spieler ganz andere sind. Es geht nicht nur um Reaktionsschnelle (die braucht man bei CS, UT usw. auch), sondern um körperliche Kondition und Zielgenauigkeit mit der Imitation einer echten Waffe (d.h. nicht mit einer Computermaus und sechs Tasten). Alles andere wäre wie gesagt auch völliger Unfug, da Gewaltspiele einen Menschen weder mental, noch körperlich zu einem Soldaten oder Killer machen können. Die taktischen Errungenschaften, die man durch ein paar Runden CS erhält, dürften für den Krieg oder einen Amoklauf eher wenig ausreichend sein.

    Ich denke, ein Riesenproblem entsteht dadurch, dass die Army tatsächlich ihren eigenen Shooter herausgebracht hat. „America’s Army“ heißt das kostenlos zu beziehene Teil, und da glaubt das Volkskollektiv natürlich schnell, dass damit auch tatsächlich US-Army-Soldaten trainiert werden (und worauf wohl auch viele Politiker ansprechen, ansonsten würden sie eher ein Laserdrom-Verbot fordern (was ja bereits der Fall war und glücklicherweise ebensowenig wie Paintball verboten wurde)).
    Stimmt bloß nicht, denn das Spiel ist reine Propaganda und soll junge, männliche Amerikaner zum Eintritt in die Army bewegen, der dort ja (hier sind uns die USA einen Schritt voraus) vollkommen freiwillig geschieht. Um den Jungs (und womöglich auch Mädels) also zu zeigen, wie sie stolz ihr Vaterland verteidigen könnten, gibt’s im Computerspiel also realistische Kriegsszenarien zum nachspielen, die aber keineswegs irgendeine Art des Trainings ersetzen sollen.

    Mal ernsthaft: Glaubt irgendjemand hier, mit einem Budget von 410 Milliarden Dollar jährlich (Wikipedia) würde die amerikanische Armee ihre Schützlinge in einen mit Computern bepflanzten Raum setzen, anstatt sie realitätsgetreu in Bootcamps zu trainieren? Wenn eine abgewandelte Form der oben erwähnten Laserdrom-Spiele dort eingesetzt wird, dann ja nur, damit niemand unabsichtlich zu Schaden kommt. Wäre ja noch schöner, wenn bei den Gefechtsübungen scharfe Munition eingesetzt würde und die potentiellen Kriegsteilnehmer bereits in Amerika in Scharen fallen würden. ;)

    Soviel dazu. Diese Mär von Computerspielen als ernstzunehmende Schützenausbildung wird spätestens dann obsolet, wenn man einen CS-Zocker in den Schießstand trägt und dann von ihm verlangt, ein sich bewegendes Ziel ordnungsgemäß zu treffen. Das Ergebnis könnte ziemlich amüsant anzusehen sein.

    Dann zu Nordlicht:

    Jetzt bin ich etwas verwirrt. Okay, die Jugend wird angeblich brutaler und verroht. Mag sein, ich kenne dazu zwar keine Studien, lasse mich aber gerne darüber aufklären.
    Nur: Von einem Einzelfall (zwei Jungs begehen einen schrecklichen Überfall und haben sich vorher mit Killerspielen aufheizt) auf die große Mehrheit zu schließen, nennt man Kollektivismus und das ist nicht wirklich angebracht – hier in zweierlei Belange:
    Erstens haben wir eine Menge, ja sogar den Großteil von Jugendlichen, die einerseits Gewaltspiele spielen, andererseits weder besonders überzogene Wutausbrüche haben, noch Gewalttaten begehen. Wäre dies so, würde die Kriminalstatiktik um einiges anders aussehen, erst recht nach der Popularisierung von CS und co. – da müsste dann eine eklatante Zunahme von jugendlichen Gewalttaten abzuzeichnen sein, wenn man hier wirklich irgendeine Art von Kausalität vermutet.

    Zweitens würden durch ein Verbot ja eben all jene Jugendliche, die mit Gewaltspielen verantwortungsvoll umgehen können (sprich: sie spielen sie, lassen sich von ihnen aber nicht mental negativ beeinflussen), mit betroffen. Soweit ich weiß spricht man ja von einem totalen Verbreitungsverbot, nicht nur von einer Indizierung (was bereits schlimm genug wäre). Demzufolge wären also nicht nur Jugendliche, die diese Spiele der USK zufolge ohnehin noch gar nicht spielen dürfen, sondern vor allem mündige Erwachsene betroffen. Und mal ehrlich: Was kann ich (der, der fliegenden Teekanne sei’s gedankt, aber ohnehin in Österreich lebt) als vollkommen Unbeteiligter auch nur einer einzigen Gewalttat dafür, dass ab und zu irgendwelche Idioten durchdrehen und zufällig mal Gewaltspiele gespielt haben (so wie geschätzte 60% der männlichen Jugendlichen)?

    Dann sagst du etwas Interessantes:
    „Weil kein mittelbarer Zusammenhang mit den Killerspielen und Amokläufen besteht, wird mit dem Verbot die Gefahr auch eines erneuten Amoklaufs verbannen.“ – Ist das irgendeine Art von Antithese, die ich nicht verstehe, oder einfach nur ein Formulierungsfehler? ;) Denn wie du weiter erläuterst, besteht ja tatsächlich kein mittelbarer Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und Amokläufen – sie sind höchstens ein marginaler Teil eines großen Ganzen, zu dem sich für gewöhnlich Rockmusik bzw. Hip-Hop, exzessiver Fernsehkonsum, Internetaktivitäten oder Pornografie gesellen. Glaubt nun ernsthaft jemand, dass wenn man all diese potentiellen „Gefahrengüter“ verbietet (also zensiert), es nie wieder zu einer jugendlichen Gewalttat egal welchen Ausmaßes kommt? Klingt absurd – aber jemand, der für ein Gewaltspielverbot argumentiert, müsste eigentlich dieser Schlussfolgerung zustimmen. Auf die nun sicherlich folgende Behauptung, ein Zusammenhang zwischen Killerspielen und Amokläufen wäre doch wesentlich evidenter als einer zwischen letzerem und beispielsweise Rockmusik, sei zu erwidern, dass man vor gar nicht langer Zeit eben solche Musik als Ausdruck des Bösen und Satanismus sah und für die „Verrohung“ der Jugend verantwortlich machte. Dieselben Aussagen tätig übrigens regelmäßig Alice Schwarzer, wenn es um Pornografie geht und sah im jüngsten Amoklauf sogar einen expliziten Ausdruck regelmäßigen Pornokonsums, weil zufällig mehr Frauen als Männer erschossen wurden. Dabei vergisst sie offenbar völlig, dass geschätzte 90% der Männer (und gerade Jugendliche!) ab und an einen Porno gucken (statistische Umfragen sind da eher schwer zu erheben) und ein Bruchteil dieser dann wahrscheinlich auch noch Killerspiele spielt. Und schwupps haben wir 40.000 potentielle Amokläufer – nur komisch, dass die Quote mit ca. einem Amoklauf pro Jahr noch ein wenig darunter liegt.

    Dann zur Empirik: Du sagst:
    „Empirisches Wissen stelle ich nicht so tief unter den Scheffel, wie du, denn das Wissen entwickelt sich aus Erfahrungen zurückliegender Entwicklungen, die erst im nachhinein die Ansätze für die Entwicklung erkennen ließen.“
    Das ist vollkommen richtig – wenn wir nicht gerade von Naturwissenschaften reden, lassen sich viele komplexe Vorgänge erst im Nachhinein vernünftig analysieren. Nur ist dies genau ein Gegenargument in Bezug auf hysterische und populistische Verbotsmentalitäten, die lieber heute als morgen alles auf den Index schreiben, was potentiell gefährlich sein könnte. Anstatt dass man sich die Mühe macht und die Vorgänge systematisch untersucht (was natürlich Zeit kostet) und dann eine realitätsgetreue Lösung ausarbeitet, wird lieber symptomatisch irgendetwas verboten, was die Internetausdrucker für gefährlich halten. Dass es dabei die relativ kleine Lobby der Gewaltspieler trifft (die in der Gesellschaft ohnehin keinen guten Ruf haben), ist wenig verwunderlich. Dass – obwohl ich persönlich als Liberaler auch dagegen bin – man sich zu schärferen Waffengesetzen nicht so schnell hinreißen lässt, dürfte kein Zufall sein. Ebensowenig, dass wir im Jahr 2009 leben und im Herbst gewählt wird. Da lässt sich durchaus eine Analogie zu den überstürzten und völlig danebenliegenden Internetsperrungagitationen ziehen.

    Dass sich die „logische Wissenschaft“ in der Vergangenheit bereits geirrt hat, ist, nun ja, logisch: Wissenschaften sind auf Falsifikation aufgebaut, im Gegensatz zu Pseudowissenschaften wie sie im Spiritualismus oft anzufinden sind, bauen gestellte Thesen und Theorien darauf auf, irgendwann einmal korrigiert zu werden (wenn sich die Umstände oder aber Erkenntnisse ändern). Das bedeutet andererseits nicht, dass man sich eher auf seine Intuition, sein „Bauchgefühl“ oder seinen „Hausverstand“ verlassen soll, wenn es um derart weitreichende Entscheidungen wie ein Gewaltspielverbot geht, denn letzterer hat mit „Verstand“ ja meist wenig zu tun, sondern vielmehr mit unreflektierter Emotionalität sowie kindlicher moralischer Prägung.

    Meiner Meinung nach ist es im Zweifelsfall also immer noch besser, sich auf womöglich in der Zukunft obsolet gewordene Erkenntnisse zu beziehen, anstatt überstürzt zu handeln und für seine Maximen ein wages Gefühl (dass sich am nächsten Tag, womöglich aus einem persönlichen Ergebnis heraus, bereits wieder ändern kann) herbeizunehmen.

    Inwiefern Logik und Empirik nicht korrelieren, musst du mir allerdings erklären. Wenn der Höhlenmensch empirisch feststellt, dass er mit einem Stein eine Kokosnuss knacken kann (P1) und dann entdeckt, dass eine Melone einen ähnlichen Aufbau wie die Kokusnuss besitzt (P2) ergibt sich daraus logisch, dass ein Stein genausogut auch eine der Kokusnuss ähnliche Melone knacken kann (S).
    Es wird also aufgrund verschiedener empirischer Erkenntnisse (die für sich, also noch nicht logisch in die Welt gestellt, ja „nackt“ sind) eine mit der realen Welt korrespondierende Logik aufgestellt, die sich dann natürlich per Empirie wieder überprüfen lässt (in meinem Beispiel geht der Höhlenmensch dann einfach zur Melone und haut mit dem Stein drauf).

    Um jetzt nicht allzu philosophisch zu werden und vom Thema abzuschweifen: Ich bin der Überzeugung, dass die beiden wissenschaftlichen Mittel Empirismus und Rationalismus, miteinander kombiniert, zu weitaus besseren Ergebnissen gelangen, als wenn man sich einfach nur von seinen Gefühlen leiten lässt. Tun dies einfache Menschen (wie auch ich einer bin), hab ich damit kein Problem; tun das hingegen Entscheidungsträger, die eine ganze Armee zur Durchsetzung ihrer Vorhaben hinter sich haben (die Exekutive), habe ich damit ein sehr großes Problem, den letztlich betreffen deren vorschnelle Entscheidungen uns alle, ohne dass wir bis zum Wahltag viel dagegen machen können.

  15. nothingelse89 Says:

    Ich habe mich jetzt noch einmal informiert und es sieht wohl so aus, dass bei der Bundeswehr begehbare Computersimulationen zu Einsatz kommen. Das entspricht in etwa dem, was ich mit „für sie entwickelten Computerspielen“ gemeint habe – Entschuldigung, der Begriff war schon sehr schwammig.

  16. LastGunman Says:

    Zitat: „Soviel dazu. Diese Mär von Computerspielen als ernstzunehmende Schützenausbildung wird spätestens dann obsolet, wenn man einen CS-Zocker in den Schießstand trägt und dann von ihm verlangt, ein sich bewegendes Ziel ordnungsgemäß zu treffen. Das Ergebnis könnte ziemlich amüsant anzusehen sein.“

    Nicht nur bewegliche Ziele, da reichen schon die normalen Zielscheiben. Selbst schon dabei zugesehen (nur nicht selbst geschossen, das werde ich nie tun).

    Und ja, es ist schon eine Art urbane Legende, das mit den Armeen und den Computerspielen. Richtig ist, dass die US-Army mit kostenlosen Spielen wie „America’s Army“ für sich wirbt. Auch, das Soldaten Spielkonsolen zur Ablenkung/Entspannung in Afghanistan usw. haben.

    Das mit der Hemmschwellensenkung ist auch witzig. Ich „schieße“ schon seit 21 Jahren auf Pixel und könnte keinen Menschen töten. Ich möchte mal die Hemmschwelle einiger Leute sehen, wenn sie mit einer echten Waffe in der Hand einem echten Killer gegenüberstehen, Szenen wie man sie im Fernsehen ja auch oft sieht.


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